Birte Müller

Hilfe, Wochenende!

Nr 152 | August 2012

Darf man eigentlich als Mutter zugeben, dass man an Wochen­enden allein mit den Kindern überfordert ist? Geht das Müttern mit nicht behinderten Kindern auch so? Und was machen eigentlich die Alleinerziehenden?
Ich rufe immer spätestens am Samstagabend meine Mutter an und jammere ein wenig herum. Ich kann mich darauf verlassen, dass mein Vater dann am Sonntag mit uns einen tollen Ausflug in den Wildpark machen wird statt – wie eigentlich geplant – seinen Garten zu beackern. So auch an diesem Wochenende.
Der Tag fing gut an, beide Kinder schliefen bis 8 Uhr (was wohl daran lag, dass ich sie erst um 22 Uhr ins Bett bekommen hatte). Ich war bester Dinge. Beide Kinder badeten wundersamerweise friedlich zusammen, sodass ich mir einen Kaffee machen und den Teig für einen Hefezopf kneten konnte. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich da geritten hat, denn ich hätte mich in dieser halben Stunde einfach schnell anziehen und die Sachen für unseren Ausflug zusammenpacken sollen! Das werde ich wohl nie lernen, mir mal weniger vorzunehmen. Statt unterwegs einfach eine Portion Pommes zu holen, muss ich unbedingt vor einem Ausflug stundenlang Salate, Brote und Kuchen machen. Salat und Frikadellen hatte diesmal meine Mutter angekündigt (von irgendwoher kommen solche Störungen ja auch), also musste ich un­bedingt noch etwas backen!
Als ich zwei Stunden später beide Kinder angezogen, abgefrühstückt und die Zähne geputzt habe, bin ich selber noch im Schlaf­anzug. Tisch, Küche und Fußboden sind völlig eingesaut, und ich habe noch keine Getränke oder Wechselklamotten gepackt, keine Kindersitze im Auto, auch noch keinen Löwenzahn gepflückt zum Hirsche-Füttern, und es ist auch kein Opa Horst in Sicht. Also zücke ich meine Geheimwaffe: die Kleiner Maulwurf-DVD!
In dem nun entstandenen Zeitfenster schaffte ich es immerhin, den Hefezopf in den Backofen zu bekommen, bis mein Vater an der Tür klingelt. Die Kinder wollten los und flippten beide komplett aus. Unter Schreien werden angezogene Klamotten wieder ausgezogen, in die Tasche gepackte Sachen wieder herausgerissen … Olivia bekommt einen Weinanfall, weil sie ein anderes Kleid anhaben will, Willi erblickt den Hefezopf im Backofen und erleidet einen Zusammenbruch, weil er ihn SOFORT essen will und mein Vater sagt, er gehe mal schnell Futter für die Tiere holen, und verschwindet. Die folgenden zwanzig Minuten lassen mich mindestens zwei Jahre altern! Ich beknie meine Kinder, mich nur ein paar, ein ganz paar Minuten in Frieden zu lassen, damit ich mir etwas überziehen kann. Aber natürlich ist das zwecklos. Ich raffte schnell die wichtigsten Dinge für unterwegs zusammen und stelle sie vor die Haustür. Nebenbei versuche ich meine Kinder zu beruhigen, wobei ich so gereizt werde, dass ich eigentlich nur herumschreie.
Als mein Vater wieder auftaucht, kann ich Olivia schon mal aus dem Haus schieben. Dann renne ich schweißgebadet nach oben, schnell Zähne putzen und anziehen. Unten ist Ruhe. Als ich wieder runterkomme, sitzt Willi mit der Puzzle-Schublade auf der Terrasse und wirft zufrieden eine Handvoll Teile nach der anderen die Böschung hinunter. Ich weiß gar nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Egal. Schnell den viel zu dunklen Hefezopf aus dem Backofen rausholen, beide Sitze ins Auto, zufriedene Olivia anschnallen, jetzt nur noch Willi holen … Der aber sitzt, ebenfalls zufrieden, im Plansch­becken. Da muss ich dann schon ein bisschen weinen. Als ich mit ihm frisch angezogen beim Auto ankomme, hat Olivia sich gerade eingepinkelt, aber das ist dann auch egal. Ich lache und denke: nur noch sieben Stunden, bis die Kinder ins Bett gehen (zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass es zehn Stunden dauern wird). – Aber im Wildpark, da war es richtig schön!