Birte Müller

Wo ist eigentlich mein Mann?

Nr 168 | Dezember 2013

Zwei Jahre lang habe ich hier nun von unserem nicht mehr ganz normalen Alltagswahnsinn in «Willis Welt» erzählt. Eine Leserbriefschreiberin schlug einmal verärgert vor, die Kolumne in «Birtes Welt» umzubenennen, da ich zu viel über mich selber schriebe. Meine Schwiegermutter dagegen findet, dass ihr Sohn zu wenig vorkomme. Man würde sich immer fragen (und auch ihre Nachbarin habe das schon gesagt): Wo bleibt eigentlich dein Mann? Und ganz ehrlich: Genau das frage ich mich auch oft (besonders, wenn gerade beide Kinder im Winter zum Rausgehen angezogen oder ins Bett gebracht werden
müssen). Die Antwort kenne ich aber schon, und sie ist auch längst ein Running-Gag bei uns: Er ist mal kurz E-Mails abrufen gegangen. Manchmal finde ich ihn aber auch auf der Toilette, wo er ins Leere starrt – sein letzter Zufluchtsort (außer natürlich: ich rüttel an der Tür).
In dieser letzten Kolumne möchte ich nun doch noch etwas über meinen tollen Mann erzählen. Er hat viele positive Eigenschaften. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen ist Stromsparen. Wirklich! Das macht ihn rundum glücklich. Er ist dann so stolz, dass er es sich nicht verkneifen kann, mir seine neuste Sparidee zu verkünden, obwohl er weiß, dass ich mich über ihn lustig machen werde und es jederzeit in meinen Texten verwursten könnte. Hier ein paar originelle Stromsparvorschläge meines Mannes:
1. Im Winter warmes Wasser nach dem Baden unbedingt in der Wanne lassen, um damit noch den Raum zu heizen.
2. Große Getränkeflaschen bei Frost auf der Terrasse einfrieren, um sie danach in den Kühlschrank zu stellen, der dann weniger kühlen muss.
3. Den Backofen nach dem Backen immer öffnen, damit der Ventilator darin früher ausgeht und so weniger Strom verbraucht!

Toll, oder?
Für meinen Mann stellt unser Sohn Willi in dieser (und mancherlei anderer) Hinsicht eine echte Herausforderung dar: Willi muss beim Baden immer das Wasser laufen lassen, er kann an keinem Licht­schalter und keiner Klospülung vorbeigehen, ohne mindestens fünfmal zu drücken, zusätzlich hat er am liebsten drei blinkende und dudelnde Geräte gleichzeitig am Laufen. Das Einzige, wo Willi wirklich Energie spart, ist seine Körperhaltung! Mir persönlich liegt das Nervensparen deutlich näher als das Energiesparen. Ich will echt nicht auch noch daran denken müssen, eingefrorene Flaschen hin und her zu stellen, und die Klappe vom heißen Backofen bleibt bei mir ganz sicher verriegelt! Auch das Bade­wannenwasser lasse ich keine Sekunde länger drin als den Willi selber, denn es gibt für ihn kaum etwas Schöneres, als Dinge ins Wasser zu werfen (ist ja auch zu interessant: Kleidung, Stofftiere und 120 Tampons schwimmen oben, Handys, Fisher-Price MP3- Player und kleine Schwestern nicht).
Ich könnte natürlich noch vieles über meinen Mann erzählen. Zum Beispiel, dass er für Willi der allertollste und wichtigste Mensch der Welt ist – und das nicht nur, weil er Auto fährt und Gitarre spielt. Auch für unsere Tochter ist er das, was ein Papa sein muss: der Lustigste, der Stärkste, der alles heil machen kann (nur zu übertreffen vom legendären Opa Horst). Ich liebe meinen Mann, auch wenn er als Side-Kick für mein Leben herhält. Das ist gerade das Wunderbare an ihm: Er ist immer für einen ordent­lichen Lacher zu haben, auch wenn er auf seine Kosten geht (ganz anders als ich). Würden wir nicht so viel gemeinsam lachen, wir wären bestimmt schon krank oder geschieden oder beides. Wir können sogar zusammen weinen und haben das viel getan in den letzten sechs Jahren seit Willis Geburt. Denn seitdem leben wir, gemeinsam mit Olivia, in Willis Welt – und Gott weiß, dafür bin ich so dankbar!