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Lynne Jonell

Emmy und die Wunderschrumpfratte

Nr 145 | Januar 2012

gelesen von Simone Lambert

«Natürlich spielen sie Fußball. … Was glaubst du denn, was sie zu ihrem Zeitvertreib machen? Rumrennen und Elefanten erschrecken? In Kirchen nach Krümeln stöbern? Deine Unwissenheit ist wirklich erschreckend. Moderne Nager haben viele und ganz unterschiedliche Hobbys.»
Das unglaub­liche Bekenntnis der sprechenden Ratte ist nur der Anfang dieser unwiderstehlichen Geschichte.
Emmy und die Wunder­schrumpfratte steht in der Tradition der Narnia-Romane und von Alice im Wunderland, aber auch Michael Endes Momo und die Schauergeschichten von Lemony Snickett haben ihre Spuren hinterlassen, wenn hier ein elfjähriges Mädchen für Werte kämpft, die durch raffinierte Manipulations­methoden und unglaubliche magische Mittelchen bedroht sind.
Emmy ist ganz allein. Ihre Eltern haben sich sehr verändert, seit sie reich geworden sind; sie reisen durch die Welt und kümmern sich kaum um ihre Tochter. In der Schule nimmt sie niemand wahr. Emmy wohnt in einem schlossähnlichen Anwesen mit 32 Zimmern und wird von einer Nanny betreut: Miss Barmy, ebenso schön wie böse, traktiert sie mit allerlei abscheulichen Tees, Tinkturen und Tofuriegeln, um sie in einen Top-Zustand zu versetzen. In der Hoffnung, dass ihre Eltern dann mehr Interesse an ihr zeigen, legt sich das Mädchen ins Zeug und bringt beste Noten und glänzende Pokale nach Hause. Bis sie auf die sprechende Ratte trifft, die ihr ebenso kümmerliches Dasein in einem Käfig im Klassenzimmer fristet. Die findet Emmys Brav­sein öde. Emmys erste verbotene Tat ist es, den Ratz freizulassen. Dann erkundet das behütete Mädchen dunkle, geheimnisvolle Gegenden der Stadt und entdeckt den Laden von Professor Vole, einem Rattenforscher, der Nagetiere mit wundersamen Fähigkeiten vermietet und offenbar auch Miss Barmy zu seinen Kunden zählt. Was führt die Nanny im Schilde? Warum verlassen Emmys Eltern ihre Tochter immer wieder für ein oberflächliches Jet-Set-Leben, obwohl sie in ihrem bescheidenen Leben als Buch­händler glücklich waren?
Als Emmy versucht, ihr Leben mithilfe der Ratte wieder ins Lot zu bringen, gerät sie in phantastische Abenteuer, denn der ebenso unverschämte wie empfindliche Ratz gehört zur Gattung der Schenectady-Schrumpfratte, und ein Biss von ihr lässt den Gequälten die Sprache der Nagetiere verstehen, ein zweiter ihn auf Rattenhöhe schrumpfen. Das passiert Emmy und auch Joe, ihrem Mitschüler, und die neuen Freunde lernen jetzt in «Nager-City» eine ganze Unterwelt voller Nagetiere kennen …
Die Autorin Lynne Jonell versteht es nicht nur, ein warmherziges Märchen mit einer bösen Nanny, verhexten Eltern und vielen kuriosen Helfern lebendig in Szene zu setzen, sie hat mit diesem Buch auch zwei bezaubernde Helden geschaffen: Emmy ist beherzt und gewitzt, voller Mitgefühl und Humor. Und der unvergleichliche Ratz, eitel und theatralisch, bringt mit seiner anspruchsvollen Art so manche Situation ins Rollen. Mit ihm und seinem akrobatischen Kunststück, das der Illustrator Jonathan Bean als Daumenkino am Seitenrand versteckt hat, beginnt und endet diese umwerfende Geschichte um Magie, Tapferkeit, Freundschaft und Liebe, deren Fortsetzung ich kaum erwarten kann.

Eine umwerfende Geschichte um Magie, Tapferkeit, Freundschaft und Liebe!