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Lauren St John

Nr 149 | Mai 2012

Dieses aufregende «Himmel, was mache ich jetzt bloß?»-Gefühl

Für zwei Tage ließ Lauren St John ihren Schreibtisch in England hinter sich, um nach Frankfurt zu fliegen, zur Buchmesse – eine Gelegenheit, ihr ein paar Fragen zu stellen.Wie ist es eigentlich gekommen, dass sie, die schon viele Sachbücher publiziert hatte, anfing, Kinderbücher zu schreiben? «Wie aus heiterem Himmel. An so etwas hatte ich nie gedacht. Für Kinder zu schreiben ist ja nicht leicht.» Aber plötzlich, während sie in London ihre Weih­nachtseinkäufe machte, tauchte sehr plastisch das Bild eines Mädchens auf dem Rücken einer Giraffe in ihr auf. Sie fand es aufregend sich vorzustellen, dass jemand tatsächlich eine Giraffe reiten könnte. Und schon hatte das Mädchen einen Namen: Martine. Und Lauren St John Teile der Geschichte im Kopf. Ein Glück für die vielen Kinder, die ihr Buch Die weiße Giraffe lieben. Afrika! Dort, in Zimbabwe, ist Lauren St John aufgewachsen. Und da ihre Eltern ein kleines Wildreservat führten, hatte sie all die wunderbaren Tiere in ihrer Nähe. Sogar eine zahme Giraffe. Ob sie manches von dem, was Martine mit ihrem Jemmy erlebt, vielleicht auch selbst erlebt hat? O ja, da gibt es etwas. Einmal saß sie an einen Baum gelehnt im Reservat und las. Da schlang sich plötzlich von hinten ein langer Hals um den Baum und die Giraffe blickte sie an.
Tiere zu lieben und sie zu schützen, das war und ist für Lauren St John etwas Wesentliches im Leben. Das möchte sie auch bei Kindern wecken. Eine Flut von Fan-Post bezeugt, dass ihr das mit ihrer Afrika-Serie gelungen ist. Die Bücher sind aber auch so spannend! Martine gerät in die gefährlichsten Situationen. Doch niemals verfällt sie in Panik. Darin ist sie ihrer Erfinderin verwandt. Diese plant auch beim Schreiben die Handlung nicht weit voraus, sondern versetzt sich in die Situation ihrer Figur.
«Ich mag dieses ‹Himmel, was mache ich jetzt bloß?›-Gefühl. Es zwingt mich, zu überlegen, was die Lösung sein könnte.»
Noch mehr Geschmack an Abenteuern hat Laura, die Heldin der neuen Krimi-Serie Ein Fall für Laura Marlin, deren erster Band, Die Todesbucht, in Cornwall spielt. Warum gerade da? «Weite Teile von Großbritannien sind so zahm, so wohlgeordnet. Cornwall aber ist schön, weil es so wild, so ungebändigt ist … ein toller Schauplatz für einen Kinder-Krimi.» Drei Monate war die Autorin in dem Fischerhafen und Künstlerort St. Yves. «Ich habe alle diese kleinen Gassen und Straßen mit ihrem Kopfsteinpflaster durchstreift, und immer waren da dieser Nebel und dieser Wind.» Kein Wunder, dass sie so packend schildern kann, wie Laura ihrem geheimnisumwitterten Onkel in den dunklen Gassen nach­spioniert. Laura mit ihrem mutigen Charakter war ihr zuerst eingefallen. Wenig später gesellte sich der Onkel, Calvin Redfern, dazu. «Mir gefiel die Vorstellung von jemand, der ziemlich ge­heimnisvoll und verschlossen ist … Auf den ersten Blick wirkt er erschreckend auf Laura.»
Wenn Lauren St John bei Veranstaltungen danach fragt, welche Figur aus dem Buch ihren Lesern am besten gefallen hat, dann sagen die Erwachsenen: Calvin Redfern. Und die Kinder? Skye. Natürlich, der Husky, den Laura bei sich aufnimmt, um ihn vor dem Tierheim zu bewahren. Und weil sie einen guten, zuver­lässigen Freund braucht. Wie alle Kinder.
Und wie wird es weitergehen? Der zweite Band der Serie, Kidnap in the Caribbean, ist in England bereits erschienen. Der dritte Band spielt in Kentucky, es geht um ein Pferderennen. Wegen des vierten wird Lauren St. John nach St. Petersburg reisen. Denn, wie immer, will sie vor Ort recherchieren.

von Evelies Schmidt