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Lauren St John

Die Todesbucht – Ein Fall für Laura Marlin

Nr 153 | September 2012

gelesen von Simone Lambert

Ein elfjähriges Waisenmädchen findet ihr Zuhause bei einem sympathischen Onkel in einem idyllischen Küsten­städtchen. Oder: ein selbstbewusstes Mädchen begegnet seiner erwachsenen Umwelt skeptisch und wird als Detektivin aktiv. Lauren St Johns neuer Kinderroman Die Todesbucht, Auftakt zu einer Serie von Kriminalgeschichten um Laura Marlin, verknüpft mehr als zwei verschiedene Geschichten. Denn auch die romanhaften Biografien der Nebenfiguren wären eigene Erzählungen wert.
Laura wächst in einem Heim auf, ohne ihre Eltern je gekannt zu haben. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt, und ihr Vater weiß nichts von ihrer Existenz. Im Kinderheim ist es die Hausmutter, die sich um sie kümmert und der sie mit ihrer unersättlichen Neu­gier und kritischen Nüchternheit zusetzt. Und dann geschieht das Wunder: Ein Onkel findet sich und adoptiert sie umstandslos.
Es ist Winter, als Laura nach Cornwall reist, um fortan mit Calvin Redfern in St Ives zu leben. Das gute Ende ihrer Waisenzeit ist der Anfang eines Lebens, das ebenso vom Glück der Zugehörigkeit und Verbundenheit wie von Aufregungen und Abenteuern ge­prägt ist – wie es sich das Heimkind erträumt hat.
Ihr neues Zuhause verunsichert Laura zunächst: Ihr Onkel schenkt ihr Freiheit und Vertrauen, bleibt aber verschlossen und launisch. Der malerische Küstenort versammelt exzentrische Existenzen; Laura trifft auf eine grell gekleidete, geschwätzige Nachbarin, eine angesehene Kaufmannsfamilie, die einigermaßen pompös auftritt, und eine Cafébedienung mit Rastalocken und Nasenpiercing, zugleich Reporterin beim Lokalblättchen. St Ives hat aber auch eine gefährliche Bucht, die Laura nicht allein betreten darf. Hier gibt es eine mürrische Haushälterin, die in Calvin Redferns Papieren herumschnüffelt und einen schweigsamen indischen Jungen, der im Laden der Mukhtars hart arbeiten muss. Dieser Tariq hat eine besondere Gabe, mit Tieren umzugehen, die Laura beeindruckt. Mit ihm freundet sie sich an, bis Mr. Mukhtar ihr die Ladenbesuche verbietet mit der Begründung, Tariq sei von ihr gelangweilt und wolle sie nicht mehr sehen. Tariqs verwandeltes, rätselhaftes Verhalten verletzt Laura. Sie fasst neuen Mut, als sie mit ihrem Onkel über die Angelegenheit sprechen kann.
Als sie den dreibeinigen Husky Skye als treuen Freund «adoptiert», beginnt sie mit ihrer Detektivarbeit. Sie findet anonyme Flaschen­botschaften mit Hilferufen, und sie spioniert ihrem Onkel bei seinen nächtlichen Patrouillen nach und macht dabei aufregende Entdeckungen … Was haben die Mukhtars zu verbergen? Wo ist Tariq? Und welche Rolle spielt die Pik-Ass-Bande …?
Im ersten Band lernen wir das Personal der neuen Krimireihe kennen. Die Protagonisten sind Außenseiter, die Schmerzen und Verlust erfahren haben, deren Kraft und Lebenswillen aber ungebrochen sind. Laura lernt zu unterscheiden, ob Unglück und Trauer die Ausstrahlung eines Menschen verdüstern oder ob Skrupellosigkeit die Fassade schwärzt. Lauren St John greift ernste Themen auf. Ihre Gangster sind menschenverachtende Kriminelle und mit den Problemen der Kontraktarbeit und der modernen Sklaverei hat sie einen weithin verdrängten Skandal für ein Kinderbuch aufbereitet. Mit der Kombination aus Abenteuer, Realismus und Romantik gewinnt dieses spannende Buch seinen ungewöhnlichen Reiz.

Die Kombination aus Abenteuer, Realismus und Romantik gibt diesem Kinderkrimi seinen ungewöhnlichen Reiz.