Titelbild Hochformat

Anthony Read

Die Baker Street Boys: Mord im Rennstall

Nr 173 | Mai 2014

gelesen von Simone Lambert

Die Baker Street Boys verschlägt es dieses Mal aufs Land: Der Stall­junge eines Rennstalls wurde erschlagen und Sherlock Holmes ist schon wieder außer Landes. Da es sich bei dem Mordverdächtigen um den Vater von Gertie handelt, eine von den Boys, entscheidet Wiggins, der Anführer der sieben Kids, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Sparrow, der Kleinste, bewirbt sich als Stalljunge um den vakanten Posten und spioniert das Umfeld aus. Derweil halten Gertie und Wiggins die Stellung im Wohnwagenversteck von Gerties Vater. Schnell begreifen die drei, dass auch der Erzfeind von Sherlock Holmes, Professor Moriarty, wieder seine Finger im Spiel hat. Moriarty, dem nie etwas nachgewiesen werden kann und dessen Existenz selber so sagenhaft ist wie die des Ungeheuers von Loch Ness, ist der Drahtzieher, der aus der Lust am Bösen zu operieren scheint.
Sparrow steht dieses Mal im Mittelpunkt des Geschehens. Es geht um edle Rennpferde, Rivalitäten unter den Jockeys und um den Wettbetrieb, der erhebliche kriminelle Energie freisetzt. Tagsüber arbeitet Sparrow hart, um sich dann nachts todmüde vom Hof zu schleichen und seinen Freunden im Wald von betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Favoriten für das nächste große Rennen zu berichten. Sparrow, der geschickt Informationen beschafft, Wiggins logisches Denkvermögen, dass er (mitsamt einiger Eigenheiten) an seinem großen Vorbild Holmes schult, und Gertie, die reiten kann, beweisen schließlich in einem dramatischen Finale im Alexandra Palace vor dem Prinzen von Wales die Unschuld von Gerties Vater. Und auch Sherlock Holmes hat seinen unterstützenden und begütigenden Auftritt am Ende dieser Meisterleistung – wie es die Serienklammer eben so will.
Anthony Read fokussiert erneut ein typisches Szenario der viktoria­nischen Epoche. Diesmal ist es der Pferdesport, bis heute ein beliebtes Freizeitvergnügen der Engländer. Reads historische Krimis halten sich eng an die Fakten und vermitteln ein detailliertes und realistisches Bild der Zeit und ihrer sozialen Strukturen. Auch dieses Mal gelingt es ihm, das Vorgehen der Baker Street Boys plausibel darzustellen. Die Boys können nicht mit der Autorität der Erwachsenen oder Beamten auftreten und Zeugen oder Verdächtige befragen. Und bei der Polizei schenkt man ihnen kaum Gehör.
Sie, als Ärmste der Armen und noch dazu Kinder, müssen andere Mittel und Wege finden, um zu ermitteln, sich Beweise zu verschaffen und Verbrechen aufzuklären. Da sind Wendigkeit, Mut und Fantasie gefragt.
Die sieben Baker Street Boys schlagen sich ohne Eltern durch, wohnen im Keller eines heruntergekommenen Hauses und sind arm und ohne Ausbildung. Aber sie sind intelligent, gewitzt und neugierig. Sie brennen für Wahrheit und Gerechtigkeit. Unter ihnen herrscht meistens gute Stimmung und wenn nicht, hat einer ein echtes Problem und alle helfen, die Misere zu beseitigen. Wie jetzt, als Gertie um das Leben ihres Vaters bangen muss. Als das Mädchen zu Beginn ins Waisenhaus gesteckt und einer sadistischen Wasch­pro­zedur und Schlägen ausgesetzt wird, vergeht dem Leser das Lachen. Doch Gertie lässt sich nicht unterkriegen und entkommt. Was Resilienz heißt, auch das kann man von diesen robusten Kindern lernen.
Das ist beste, spannende Unterhaltung mit viel Atmo­sphäre und Zeitkolorit für junge Krimi­fans!