Birte Müller

Willi mit dem Grilli

Nr 203 | November 2016

Eigentlich mochte ich es immer sehr gerne, Kolumnen zu lesen. Aber seit ich selbst welche schreibe, mache ich das nur noch ungern. Oft hatte ich nämlich schon vor längerer Zeit dieselbe Idee, weiß jedoch, dass mein Text lange nicht so gut geworden wäre wie dieser andere ...

Schon lange wollte ich mal über sinnlose Beschriftungen schreiben, mit denen die Welt vollgepflastert ist. Ich habe mir das schon vor siebzehn Jahren vorgenommen, als ich auf der Waschmaschine meines damaligen Freundes die Worte las: «8 Jahre Ersatzteil-Garantie-Option». Diese Worte haben mich sehr inspiriert und in dieser Zeit zum Denken angeregt: Sind Garantie und Option nicht das genaue Gegenteil? Gerne stellten mein Freund und ich uns das Gespräch mit dem Waschmaschinenmann vor: «Nein, nein, es gibt gar keine Ersatzteile! Das haben Sie falsch verstanden. Sie haben nur die Wahlmöglichkeit für die Zusicherung eines Ersatzteils. Die Garantie gilt nur auf die Option …»
Als ich feststellte, dass genau dieser Freund meine Leidenschaft für die Namensentgleisungen von Friseurläden teilte, heirateten wir! Er brachte Hair Force One mit in die Ehe und ich Haar-a-kiri. Statt Blumen schickt mein Mann mir auch heute noch von seinen Drehreisen immer mal wieder ein hübsches Foto, auf dem etwa AtmosfHair oder KatHAARina zu lesen ist. Zu schade, dass ich wohl nie einen Billigfriseurladen eröffnen werde, denn sonst könnte ich ihn Haarz4 nennen.
Amüsiert stelle ich fest, dass sich seit einigen Jahren auch lokale Handwerksbetriebe sehr gerne im Wortspiel versuchen oder englischsprachige Floskeln auf ihre Wägen kleben. Den Schriftzug Bad Design musste ich deswegen gleich mehrmals lesen, bis ich begriffen hatte, dass es sich um einen Sanitärausstatter handelte und nicht um einen schlechten Designer.
Seit ich Kinder habe, betrachte ich den Beschriftungswust noch mal mit ganz anderen Augen: Warum um Himmels willen kann man kaum Kinderklamotten kaufen, ohne dass sinnentleerte Wörter draufstehen, die cool oder niedlich klingen sollen?
Das war eigentlich der endgültige Auslöser, mal über dieses Thema zu schreiben. Und dann bekomme ich doch tatsächlich von meinem Mann eine Karikatur des Cartoonisten Perscheid geschickt. In seiner unvergleichlichen Art hat er sich selbst gezeichnet – und zwar, wie er auf der Bühne vor Publikum seinen Sohn hoch hält und in der Sprechblase steht: «Motorcycle Ice Stadium No 80, Racing Ice Speedway Traction Control on Bikes without Brakes ...», und darunter: «Perscheid liest von den Pullovern seiner Söhne.»
Ich finde es eine Frechheit, wie der Mann mit nur einem Satz meinen ganzen Text überflüssig macht!