Dieses Buch der großen Erzählerin Rosemary Sutcliff schildert das fiktive Schicksal des jungen Phaedrus. Der Sohn einer Sklavin wird nach dem Tod seiner Mutter von Londinium nach Rom verkauft; dort lernt er in einer Gladiatorenschule zu kämpfen und mit dem Tod zu leben. Als ihm nach einem spektakulären Zweikampf die Freiheit geschenkt wird, weiß er nicht, was er mit seinem Leben anfangen will. Da wird ihm eine große Aufgabe angedient: Im Konflikt zwischen den Caledoniern und den Dalriaden im Norden Britanniens soll er den Platz des verschollenen Prinzen Midir einnehmen, dem er aufs Haar gleicht. Die Dalriaden wollen sich von den Caledoniern absetzen, die von der grausamen Königin Liadhan angeführt werden. Phaedrus schlüpft nicht nur in die Rolle des Pferdekönigs, sondern geht zunehmend in dem politischen Konflikt auf. All sein Wissen, seine Kampfkünste, seine Intelligenz setzt er ein, um den neuen Freunden zu helfen.
Als der Aufstand beginnt, kann Liadhan fliehen. Ihre Tochter Murna wird gegen ihren Willen mit Midir (Phaedrus) verheiratet. Es kommt zum Krieg. Die Caledonier werden geschlagen, doch Liadhan verschafft sich Zuflucht in einem römischen Kastell. Wenn sie die römischen Besatzer als Verbündete gewinnt, bedeutet dies die endgültige Niederlage für die Dalriaden. Kurz bevor er Liadhan töten kann, wird Phaedrus gefangen genommen. Der Kommandant des Kastells erpresst ihn: wenn er tausend junge Männer der Dalriaden der römischen Armee überlässt, schenkt er ihm das Leben. Doch Phaedrus wird sich vor den Augen seiner Leute in den Tod stürzen, um «sein» Volk zu retten.
Rosemary Sutcliff ist die Meisterin des historischen Romans. Sie schreibt ihre Geschichte der frühen Jahre Schottlands nicht allein aus der personalen Perspektive ihres Helden, sondern ganz und gar aus der Zeit, in der ihre dramatischen Geschichten spielen. Akribisch recherchiert, erschließen sich Begrifflichkeiten, Rituale, soziale Bindungen und Abhängigkeiten, Lebenswelt, Kriegsführung und politische Hintergründe nach und nach aus dem Geschehen und (Mit-)Erleben heraus. Eine große Schriftstellerin aber ist sie, weil sie Präzision mit dem Ätherischen verbindet, mit dem, was wir als Menschen unmittelbar erleben: Wenn etwa Conory Phaedrus als falschen Midir erkennt, weil das vertraute Gefühl fehlt.
Ein Todgeweihter überlebt die Gladiatorenarena, erhält die Freiheit und gibt sie hin. Phaedrus wird in einem Jahr Prinz und König, er heiratet, erringt die Liebe seiner Frau, zeugt ein Kind, gewinnt einen Krieg, vollendet die Rache und opfert sich für die Freiheit der Dalriaden. Sein Tod verschafft ihm Identität und Freiheit zugleich. Eine Freiheit, die in der Hingabe an die große Sache liegt. Das Ausbluten der Dalriaden an Kraft und Jugend durch den Diebstahl junger Männer käme einem Mord gleich. Stattdessen mordet er sich selbst und vereitelt so den Plan der Römer. Zugleich verhindert Phaedrus, wieder von den Römern verkauft zu werden.
Diese bedingungslose Konsequenz und dieses absolute Verantwortungsgefühl finden wir heute auch wieder im entschiedenen Handeln einer Greta Thunberg. Es ist selten geworden, dass jemand es wagt, über ein so großes Thema zu sprechen – wenn ein Mensch mit äußerster Konsequenz lebt und handelt. Mit diesem spannenden Roman setzt Sutcliff solchen Menschen ein Denkmal.