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Markus Sommer

Was die Pfefferminze alles kann

Nr 236 | August 2019

Im Teebeutel kennt sie jeder. Aber sind Sie beim Wandern schon einmal in großer Hitze an eine Stelle gekommen, wo zu allem Überfluss auch noch die Schuhe in den sumpfigen Boden einsanken und es dumpf und muffig roch – und plötzlich waren Sie hellwach, weil Sie auf einmal von einem «hellen» und erfrischend aromatischen Duft umgeben waren? Vielleicht haben Sie dann auf den Boden geblickt und bemerkt, dass der freundlich-klare Duft von den Kräutern mit den grau-grünen Blättern ausging, die Sie gerade zertreten hatten. Vielleicht haben Sie sich gedacht: «Den Geruch kenne ich doch irgendwoher!?» Sie haben die Blätter zwischen den Fingern zerrieben, noch einmal daran gerochen – und plötzlich war es klar: «Das riecht nach Pfefferminze!»
Wenn Sie dann ein Blatt in den Mund genommen und darauf gekaut haben, hat es zwar ein bisschen bitter geschmeckt, aber der vom Wandern trockene Mund hat sich mit herrlich kühler Frische gefüllt. Vielleicht haben Sie sich gefragt, wie an so einem sumpfigen, modrigen Ort solche Frische gebildet werden kann.
Tatsächlich hat die Pfefferminze und das in ihr gebildete ätherische Öl eine mild desinfizierende Wirkung (also eine Wirkung, die sich einem «Vermodern» entgegensetzt), und so wird die Pflanze gelegentlich dort angewendet, wo sich eine oberflächliche Infektion auszubreiten droht. Auch kann eine kühle Waschung mit Pfefferminztee Hautunreinheiten entgegenwirken.
Bei jedem Schnupfen staut sich das Blut in den Schleimhäuten der Nase. Sie schwellen an, und dies kann weitere Probleme nach sich ziehen, es drohen Entzündungen. Schon das Riechen an ätherischem Pfefferminzöl oder das Einreiben unter der Nase mit einer Salbe, die Pfefferminzöl enthält, kann zu einem Abschwellen der gestauten Nasenschleimhaut führen. Bei kleinen Kindern muss man damit allerdings vorsichtig sein, da man befürchtet, dass bei ihnen starke Geruchsreize zu einem reflektorischen Atemstillstand führen könnten. Ursache für diesen – sicher sehr seltenen – Effekt ist allerdings keine Giftwirkung der Pfefferminze, sondern die Geruchsintensität selbst.
Am bekanntesten und verbreitetsten ist aber der Einsatz von Pfefferminztee bei leichten Magenverstimmungen. Wie bei vielen anderen leicht bitter schmeckenden Heilpflanzen mag hier eine verdauungsfördernde, den Fluss von Verdauungssäften unterstützende Wirkung mit eine Rolle spielen, es kann aber gut sein, dass auch die leicht betäubende Wirkung unangenehme Reizwirkungen zu lindern vermag. Hiermit könnte auch eine Pfefferminz­ölwirkung in Zusammenhang stehen, die auf einem Gebiet helfen kann, wo es sonst kaum bewährte Mittel gibt, die jedoch nur von einem Arzt oder zumindest erfahrenen Therapeuten angewandt werden sollte. Mancher leidet unter wiederkehrenden vielfältigen Bauchbeschwerden, für die sich auch nach sorgfältigen Untersuchungen wie Ultraschalluntersuchung des Oberbauches, Magen- und Darmspiegelung sowie Laboruntersuchungen keine «organische Ursache» finden lässt, weshalb dann meist die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt wird. Man nimmt an, dass falsche Bewegungsabläufe und Verkrampfungen der Darmwand hier eine Rolle spielen. Vielleicht werden diese Fehlbewegungen zum Teil durch eine übermäßige Empfindlichkeit der Darmwand auf Reize durch den Darminhalt ausgelöst. Mindestens einem Teil der Patienten können hier Pfefferminz­zube­reitungen helfen – neben rhythmischer Nahrungs­aufnahme, Stressreduktion, gutem Kauen, vermehrter Bewegung und eventuell speziellen Bewegungstherapien wie der Heil­eurythmie.